Der größte Mißstand im Gesundheitswesen ist die hohe Zahl unnötiger ärztlicher Maßnahmen und die damit einhergehenden ärztlichen Behandlungsfehler, die ganz überwiegend nicht geahndet und deshalb der Bevölkerung auch nicht bewußt werden.
25 000 Medizin-Tote durch ärztliche Fehlbehandlungen („Kunstfehler“) sind jedes Jahr in der Bundesrepublik bei insgesamt 100 000 Medizinschäden zu beklagen. Diese Zahlen hören sich zunächst schockierend und vor allem auch unglaubwürdig an, weil die Zahl der Medizin-Toten höher liegt als die Zahl der Verkehrstoten. Die genannten Zahlen sind aber gut belegt und ergeben sich aus wissenschaftlichen Hochrechnungen, so u.a.
- 10.000 Tote durch Hygienemängel in den Kliniken (Prof. Daschner, Freiburg)
- 6.000 Tote durch nicht indizierte oder fehlerhafte Medikamenten-Verordnungen (Prof. Schönhöfer, Bremen)
- 2.000 Tote durch Spätschäden unnötiger oder unsachgemäßer Röntgenstrahlen-Anwendungen (Prof. Lengfelder, München).
- Die übrigen Todesfälle verteilen sich der Reihenfolge der Schwere und Häufigkeit nach auf die Fachgebiete der Anästhesie, der Geburtshilfe, der Chirurgie und der Orthopädie. Danach folgen die weniger risikoträchtigen Fachgebiete.
Es kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, daß die Medizinschäden eins der größten, wahrscheinlich sogar das größte Schadensgebiet in der Bundesrepublik sind. Das gilt zumindest für Personenschäden. Diese Tatsache ist in der Öffentlichkeit aber nicht hinreichend bekannt, weil Ausmaß und Häufigkeit von Behandlungsfehlern zu den bestgehütetsten Geheimnissen unseres Medizinbetriebs gehören. Prof. Ivan Illich kommt in seinem in alle Kultursprachen übersetzten Buch „Die Enteignung der Gesundheit“ (englischer Originaltitel „Nemesis of Medicine“) zu dem Schluß, daß unser Gesundheitswesen inzwischen zur größten Gefahr für unsere Gesundheit geworden ist und Prof. Thure von Uexküll schätzt, daß die Hälfte aller Krankheiten in den entwickelten Ländern überhaupt erst durch Ärzte verursacht werden.
Jedes Jahr werden - bei stark steigender Tendenz - rund 30.000 Schadensfälle nach Fehlbehandlungen („Kunstfehlern“) den ärztlichen Haftpflichtversicherungen zum Schadensausgleich gemeldet. Angesichts der o.a. Zahlen von 100.000 Medizinschäden pro Jahr dürften die gemeldeten Fälle nur die „Spitze des Eisberges“ sein, da ein Teil der Patienten von Ärztefehlern keine Kenntnis erlangt und Schäden als schicksalshaft hinnimmt und ein weiterer Teil der Patienten trotz Kenntnis von vornherein resigniert, da es für den einzelnen, auf sich allein gestellten Patienten schwierig ist, Ansprüche nach Behandlungsfehlern durchzusetzen.
Nur ein Narr wird den Wert einer sachgerechten ärztlichen Behandlung bestreiten. Die Struktur- und Organisationsmängel unseres Gesundheitswesens hindern die Ärzte aber daran, ihren Beruf so auszuüben, wie es sich gehört. Das wollen wir ändern! Es kommt darauf an, die Rahmenbedingungen unseres Gesundheitswesens so zu gestalten, daß die Ärzte sachgerecht tätig sein können.
Würden die Ärzte nicht so viele Fehler machen, dann wäre es nicht nur um die Sicherheit der Patienten, sondern auch um die finanzielle Situation unseres zunehmend bankrotten Medizinbetriebes weitaus besser bestellt. Es gibt im Medizinbetrieb keine wirksame Qualitätskontrolle, die dem Ärztepfusch durch Regreß systematisch entgegentritt. Der zermürbende Rechtsweg hält viele Patienten davon ab, Schäden geltend zu machen. Die Einrichtung einer Forschungsstiftung Patientenschutz ist deshalb unerläßlich.
Durch eine solche - von den Universitäten unabhängige - Institution könnte Umfang und Ausmaß von Schäden durch strukturelle Mißstände unseres Medizinbetriebs durch ein bundesweites „Kunstfehler“-Register auch in allen Einzelfällen nachgewiesen und wissenschaftlich ausgewertet werden. Dadurch ließen sich die organisatorischen Mängel unseres Gesundheitswesens auch im konkreten Einzelfall analysieren und die Mißstände insgesamt beseitigen. Die Unabhängigkeit von den Universitäten ist erforderlich, weil deren Kliniken mit Hilfe von „kollegialen“ Gefälligkeits-Gutachten zugunsten der Ärzte die schlimmsten Gegner der Patienten im Behandlungsfehlerfall sind.
Die „Forschungsstiftung Patientenschutz“ würde bei allen Behandlungsfehlern - einschließlich nicht indizierter ärztlicher Maßnahmen - durch eine entsprechende Begutachtung die Fehler systematisch nachweisen und dadurch die Grundlagen für einen Regreß schaffen, denn nicht nur der Patient hat nach einem Behandlungsfehler Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, sondern auch die Kassen könnten die entsprechenden Fehl-Behandlungskosten zurückverlangen und dadurch jedes Jahr bis zu 70 Milliarden € sinnvoll einsparen.
Eine weitere Aufgabe der Forschungsstiftung wäre die Festlegung sinnvoller medizinischer Maßnahmen im Rahmen eines Leistungskataloges, der zur Zeit von der sogenannten „Selbstverwaltung“ - eines Klüngels von Ärzte- und Kassenfunktionären - häufig mehr schlecht als recht bestimmt wird.
Schließlich sollte die Forschungsstiftung insbesondere die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen übernehmen, durch die nach Angaben von „Transparency International jedes Jahr bis zu 20 Milliarden € in dunklen Kanälen und in den Taschen von Ärzte- und Wissenschaftsfunktionären verschwinden. U.a. beim Herzklappen-, Globudent- und Limburger Labor-Skandal waren die Kassen und damit die Patienten um hohe Summen betrogen worden.
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