Der 21-jährige Patient Akin Fagbohoun, ein Gaststudent aus Togo, erstickte infolge mangelhafter Überwachung nach einer Vollnarkose unter Ausschaltung der Atmung, weil er noch unter Narkoseeinwirkung im Kliniksflur der Universitätsklinik Marburg abgestellt worden war und dort in Rückenlage durch Zurücksinken der Zunge keine Luft mehr bekam. Er konnte nach der Narkose die Zungenmuskulatur noch nicht wieder beherrschen und die Zunge verschloß durch Zurücksinken die Atemwege. Die verantwortliche Narkoseärztin, die Oberärztin Dr. Ilsemarie Bauer unter dem Chefarzt Prof. Heinz Oehmig hatte es eilig, zum Mittagessen zu kommen und unterließ die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen.
Bei dem kerngesunden Studenten war lediglich ein rein diagnostischer Bagatell-Eingriff einer Lymphknotenentfernung am Hals vorgenommen worden, die keinen pathologischen Befund ergab. Obwohl auch hier eine Lokalanästhesie die Methode der Wahl gewesen wäre, wurde eine Vollnarkose unter Ausschaltung der Atmung durchgeführt und die nach einer solchen Narkose erforderlichen einfachsten Sicherheitsmaßnahmen zur Lebensrettung unterlassen, so u.a. die stabile Seitenlagerung des Patienten, bei welcher der Kopf nach unten zeigt, somit die Zunge nicht nach hinten sinken und folglich auch die Atemwege nicht verschließen kann. Eine weitere einfachste Maßnahmen zur Lebensrettung wäre ein Schlauch zum Luftröhreneingang unter Anhebung des Zungengrundes gewesen, der entweder über den Mund (Guedel-Tubus) oder über die Nase (Wendel-Tubus) eingeführt wird. Auch dann wäre der Patient nicht erstickt. Alle lebensrettenden Sicherheitsmaßnahmen zur Freihaltung der Atemwege waren unterlassen worden.
Die Staatsanwaltschaft stellte kurz nach der Anzeige der Ehefrau das Verfahren ein. Allerdings war die Anzeigeerstatterin auch Ausländerin. Erst als der deutsche Professor des Studenten bei der Staatsanwaltschaft intervenierte, bequemte sich die Staatsanwaltschaft dazu, ein Gutachten einzuholen. Der Gutachter behauptete, daß der Tod durch das Anlegen des Verbandes am Hals nach dem operativen Eingriff ausgelöst worden sei. Daraufhin brach die Staatsanwaltschaft nicht in schallendes Gelächter aus, sondern stellte das Verfahren endgültig ein, ohne den Gutachter wegen offensichtlicher Falschaussage zur Rechenschaft zu ziehen (§278 StGB, Ausstellen unrichtiger Gutachten bzw. Gesundheitszeugnisse).
Auf Beschwerde des Allgemeinen Patienten-Verbandes gegen die Einstellung unter Darlegung des eindeutigen medizinischen Sachverhaltes eines Erstickungstodes behauptete die Staatsanwaltschaft dreist, daß der Verband nicht beschwerdebefugt sei. Das ist zwar formaljuristisch richtig, aber die Staatsanwaltschaft hat allen Straftaten nachzugehen und die entsprechend vorgetragenen Argumente zu prüfen, Anklage zu erheben und insbesondere dann eine Verurteilung durchzusetzen, wenn der Sachverhalt eines Erstickungstodes und eines verschleiernden Gefälligkeitsgutachtens so eindeutig liegt wie hier:
Wenn das Anlegen eines Verbandes am Hals zum Tod eines Patienten führen würde, wäre schon längst die halbe Menschheit ausgerottet. Das begreift jeder vernünftige Mensch. Ein sachgerecht angelegter Verband konnte folglich nicht zum Tod des Patienten geführt haben. Selbst wenn aber die Staatsanwaltschaft von der Richtigkeit des offensichtlich abwegigen Gefälligkeitsgutachten ausgegangen wäre und folglich der Verband so unsachgemäß angelegt wurde, daß dadurch der Patient zu Tode gekommen wäre, dann wäre erst recht der Straftatbestand des Totschlags oder zumindest der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) erfüllt gewesen und die Staatsanwaltschaft hätte auch unter der Prämisse eine angeblich tödlichen Verbandes zwingend Anklage erheben und eine Verurteilung durchsetzen müssen.
Stattdessen stellte sie das Verfahren ein und wies die o.a. Argumente, daß hier ein Gefälligkeitsgutachten zur Verschleierung eines typischen Erstickungstodes mangels Freihaltung der Atemwege vorlag, mit formaljuristischen „Mätzchen“ der fehlenden Beschwerdebefugnis zurück, statt sich ernsthaft mit der Todesursache zu befassen, Anklage zu erheben und eine Verurteilung der grob fahrlässig und leichtfertig handelnden Oberärztin durchzusetzen.